Artist’s Corner mit Asteris Kutulas
Zu Gast: Marios Joannou Elia (Komponist & polymedialer Künstler)

Der polymediale MJE
von Ina Kutulas

“Polymedialität” – dieses Wort wird nicht nur mit Klang erfüllt werden, wenn Marios Elia beschreibt, was er darunter versteht, wie er Polymedialität erlebt und wie er selbst in den Bereichen der Polymedialität aktiv ist. Er scheint von ihrem Geist durchdrungen, weshalb Marios Elia über etliche Projekte erzählen kann, die sich alle unter “Polymedialität” verorten lassen. Was eigentlich ist Nicht-Polymedialität? Marios Elia macht Menschen neugierig, er sorgt für Aktion, gern mit etlichen Beteiligten, und jetzt bezieht er auch noch Gefilmtwerden, Kameras, Lampen um sich herum in sein Agieren mit ein. Spielt das Geräusch der Klappe eine Rolle?
Marios Elia scheut vor großen und aufwändigen Vorhaben nicht zurück und sorgt dafür, dass sie tatsächlich zu einem Ende kommen. Er kann sich auf eine einzelne Gitarrensaite konzentrieren, ohne aber die ganze Stadt außer acht zu lassen, die diese Saite umgibt. Marios Elia erscheint es nicht nur notwendig, sondern auch spannend, hin und wieder Autos in sein Werkschaffen einzubeziehen – und zwar zu Dutzenden. Autos und Gitarren ergeben das Leben eines Trampers, doch sagt man ihm das, wird Elia freundlich nicken, um dann sogleich zu ergänzen, was da noch hinzugehört. Ein Jägerchor zum Beispiel.
Im Gespräch sollte Wladiwostok und die Kälte natürlich dazugehören, Zypern, das Immer-Wieder-Aufbrechen an einen anderen Ort, der globalisierte Mensch. Und die Frage, ob es überhaupt so etwas wie “das Nationaltypische in der Musik” gibt, eine Frage, die man an jemanden wie Marios Elia, der ständig “irgendwo in der Welt” unterwegs ist, besonders gern stellt. Vielleicht ist es ja gerade jemand wie er, der zu “Nationaltypischem” etwas zu sagen hat. Die nationaltypische Schnee-Polymedialität von Wladiwostok oder Dresden – Marios Joannou Elia ist möglicherweise der einzige Mensch, der momentan aus dem Stand darüber Auskunft geben möchte, um es sofort mit etwas zu verbinden, das er anderswo aufgeschnappt hat. Wenn man von “aufschnappen” überhaupt reden kann. Denn Marios Joannou Elia ist ein Klangerzeuger und Klangfänger, einer, der dutzende andere Menschen dazu bringt, sich in dieser Weise so zu betätigen. Und alle überleben.
Das Publikum wird erleben, ob Marios Joannou Elia die Polymedialität von HELLAS FILMBOX BERLIN im URBAN SPREE in wenigen Worten charakterisieren möchte. Man kann sich kaum vorstellen, dass Marios Elia nicht auf den Klang achtet, der da ist oder nicht. Welche waren seine eindrücklichsten Klangerlebnisse? Hat er einen privaten Lieblingsklang? Intime, vielleicht lästige Fragen wie die, die an Schauspieler gerichtet werden, wenn man wissen will, ob sie auf Knopfdruck weinen können, ob sie sich richtig ausziehen, ob sie alles machen oder wie sie sich so viel Text merken können. Eine Antwort darauf wird auch von Marios Joannou Elia erwartet. Es dürfte heiter werden.

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Marios Joannou Elia ist bekannt für seine großartigen und extravaganten Arbeiten. Laut der amerikanischen Fachzeitschrift Perspectives of New Music gilt „Elia als einer der wichtigsten und einflussreichsten Komponisten der jüngeren Generation“. Der internationale Durchbruch gelang ihm 2011 mit der Premiere des Open-Air-Multimediums „Autosymphonic“ in Mannheim – ein Werk für 290 Musiker und 80 Autos auf einer 65.000 m2 großen Bühne, das von der Huffington Post als „eines der bemerkenswertesten Sinfoniekonzerte der Welt“ bezeichnet wurde. Als Deutschlands innovativstes Kulturereignis wurde es mit dem Gold Apple Award 2012 ausgezeichnet.
Elia hat mehr als 75 Werke komponiert, darunter die Oper „Die Jagd“ (Staatsoper Stuttgart) und das „Ulmer Oratorium“ für 400 Musiker, das eigens für das höchste Kirchengebäude der Welt geschrieben wurden. Marios Joannou Elia ist der Schöpfer des audiovisuellen Projekts „Sound of Vladivostok“, in dem eine ganze Stadt inszeniert wird – die russischen Medien bezeichneten es als „ein zeremonielles Klangbild der Stadt“. Kyoto lud Elia ein, dieses Konzept 2018 umzusetzen.
Elia hat mer als 35 Auszeichnungen erhalten, darunter den Lutosławski- und den Serocki-Preis in Warschau, den Edison Denisov Preis in Moskau, den BMW Preis von Musica Viva in München und den Theodor-Körner-Preis in Wien, der vom Präsidenten der Republik Österreich verliehen wurde.
Marios Joannou Elia studierte am Mozarteum Salzburg und an der Musikuniversität Wien. Er promovierte außerdem in Philosophie. Sein Buch „The Concept of Polymediality“ ist kürzlich bei Schott erschienen. Elia lehrt an verschiedenen Universitäten in Salzburg, Leipzig und Seoul und war Künstlerischer Leiter wichtiger Initiativen, darunter der Kulturhauptstadt Europas.

HELLAS FILMBOX BERLIN – Artist’s Corner mit Asteris Kutulas